Ich brach mit meinem Kletterpartner Martin zum Gebiet Alaro auf Mallorca auf. Zuerst kletterten wir die Klassiker „Buf“ 7a und „To pa ti“ 7a+. Beide sind spektakuläre 30 Meter Sinterklettereien. Und wenn ich „Sinterklettereien“ sage, dann meine ich Felsstrukturen, die bis zu 2 Meter aus der Wand ragen. Das war schon ziemlich beängstigend…
…Doch nichts im Vergleich zur folgenden Route!
Uns begegnete Eneko Pou und der Erschließer von nagelneuen Verlängerungsrouten in diesem Gebiet. „Ich müsste doch unbedingt in die 7b+ da drüben einsteigen“, so die beiden, „ich käme doch aus Bayern“.
Also stieg ich bereits in der Abenddämmerung noch ein. Bepackt mit 25 Exen ruckelte ich die Einstiegsplatte rauf, denn die Route war wirklich 50 Meter lang! Nach ungefähr 15 Meter flachen, aber dennoch anspruchsvollen Felsen begann die Wand leicht überhängend bis zum weit entfernten Top heraus zu ragen.
Jetzt gings wirklich los. Erst 2 Kletterer vor mir hatten die folgenden Griffe festgehalten. Deshalb saß auch nicht jeder Tritt ganz fest. Und gechalkt war auch nur sehr wenig, sodass es richtig schwierig wurde, die richtigen Griffe aneinander zu reihen. Dazu kam noch, dass die Hakenabstände auch nicht die Kürzesten waren. All diese Faktoren ließen mein Herz schneller schlagen und mich die Griffe noch fester zupressen. Und ich gebe zu, ich hatte richtig Schiss, als ich ganz oben den letzten Haken klippte. Nach 50 Metern gespannt nach jedem Griff und jeden Tritt Ausschau haltend und millimetergenau die Wand absuchend, sah ich nun nach unten und ein gewaltiger Abgrund tat sich plötzlich auf. Das war wirklich respekteinflößend, sodass ich die rote Sonne, die gerade über dem Strand von Palma unterging, garnicht richtig genießen konnte.
Ich wollte nur noch runter! Doch das ging garnicht so schnell, denn aufgrund der Routenlänge musste ich an einem Zwischenstand nochmal abseilen. In völliger Dunkelheit stand ich, mental komplett am Ende, neben Martin und war einfach nur stolz. Diese Onsightbegehung war beim Kletttern für mich bis jetzt das Aufregendste und hat mich psychisch voll gefordert.
Zum Auto fanden wir dann dank unseren Stirnlampen auch noch zurück…