Abenteuer auf der Ahornspitze

Der Große Löffler

Letztes Wochenende war ich mit Melanie, Alex und Miriam im Zillertal. Am ersten Tag waren wir an der Bergstation, denn ich wollte unbedingt noch die 8b „Caramello“ klettern. Es handelt sich hierbei um leicht überhängende Ausdauerkletterei an großen Sloperkanten mit einem harten Boulder zum Schluss. Beim letzten Mal bin ich immer ganz oben rausgeflogen. Deshalb dachte ich, dass ich die Tour ziemlich schnell abholen werde.
Doch das war wohl nix. Immer wieder flog ich bei den letzten Zügen raus, echt ärgerlich. Aber ich finde die Route wirklich gut und darum will ich sie einfach klettern, egal wie lange ich dafür brauche! Im letzten Versuch, bevor wir den Abstieg antraten, war es dann endlich soweit! Diesmal hatte ich ein kleines bisschen mehr Power am Ausstiegsboulder und ich konnte sehnsüchtig den Umlenker klippen!
Ich war sehr stolz und glücklich, denn ich habe immerhin 14 Versuche dafür gebraucht. Je länger es dauert und je mehr Kraft man in eine Route stecken muss, umso ein besseres Gefühl hat man danach und das macht es zu einem unvergesslichen Moment!

Selfie am Gipfel der Ahornspitze

Selfie am Gipfel der Ahornspitze

Am nächsten Tag stand für mich eine Bergtour auf dem Programm. Ich wollte auf die 2973 Meter hohe Ahornspitze steigen. Nach der Gondelfahrt standen noch etwa 1000 Höhenmeter zwischen mir und meinem Ziel. Ich entschied mich für den üblichen Weg über die Edelhütte. Das ging gut und nach 3 Stunden stand ich auf dem Gipfel und konnte die umliegenden Gletscher und Stauseen bewundern. Den Abstieg wählte ich mit Thorsten, der mich begleitete, über einen ausgesetzten und sehr schönen Grat. Es war ein super Weg mit einer tollen Aussicht in alle Richtungen. Schwer war es überhaupt nicht und wir fühlten uns sicher, als wir die Variante weiter über den Grat direkt zur Ahornbahn gewissenhaft mit den Augen prüften. Es querte ein schmaler Pfad einige Meter unterhalb dem Grat durch eine steile Wiese. Nichtmal mehr felsig war es dort, sollte also gut gehen. Im Rücken braute sich schon ein Gewitter zusammen, als wir uns für den womöglich schnellsten Weg über besagten Grat entschieden. Der Pfad wurde irgendwie immer schmäler, jetzt nur noch fußsohlenbreit. Ich war mir nicht mehr sicher, ob diese Spur vielleicht nur durch Gämsen entstanden war. Die Wiese war nun richtig steil und man konnte hier in gerader Linie bis ganz hinunter zum Stillupspeicher sehen. Spätestens jetzt wusste ich ganz genau, dass wenn ich abrutschen würde, ich mich niemals am Gras festhalten könnte. Ich würde einfach auf der glatten Wiese hinunter rutschen bis in den 2000 Meter tiefer gelegenen See. Diese Gedanken lösten eine Unsicherheit in mir aus, die ich beim Bergsteigen noch nie zuvor erlebt hatte. Ich merke durchaus, wann eine Situation gefährlich ist, doch dieses Mal war es mir zu gefährlich!

Zillertaler Alpen

Die Zillertaler Alpen

Im Rücken der herannahende Donner – ein Umkehren war also nicht mehr möglich. Ich blieb kurz stehen und sammelte mich. Wenn ich in die Ferne sah, schrumpfte das Bild in sich zusammen, das war ganicht gut. „OK, ich behalte jetzt den Überblick“, sagte ich zu mir selbst. Es sah in diesem Moment aussichtslos aus. Das steile Stück mochte einfach nicht aufhören. Doch ich dachte an den letzten Gipfel, ehe es leichter hinunter ging zur Bahnstation. Dann ging es wieder, ich konzentrierte mich ganz besonders, um nur keinen Fehltritt zu machen. Aus der Wiese sprangen hunderte Grashüpfer, wenn man ihnen zu Nahe kam. Da war er nun, der letzte kleine Gipfel und hier konnte man den großen Weg hinab zur Gondel sehen.
Puuh, geschafft!
Sichtlich erschöpft schwebte ich schließlich hinab ins Tal…

Quer durch die Schweiz!

Am Silvaplana See

                  Am Silvaplana See

Julia und ich hatten fünf Tage Zeit um einen genialen Kletterurlaub in der Schweiz zu verbringen. Für mich steht die Schweiz für Freiheit und Unabhängigkeit. Und genau das machten wir zum Motto dieser Reise.
Zwar hatte ich mir im Vorfeld überlegt, welche Klettergebiete ich unbedingt sehen möchte und wie sie örtlich zu erreichen sind, jedoch blieb uns die Dauer, die wir in einem Gebiet verbrachten und wo wir übernachteten völlig offen.
Zuerst gings zum Walensee an die schattige Nordgalerie. Ich war sehr begeistert von den beiden langen versinterten Linien „Captain Jack Sparrow“ und „Captain Barbossa“, die ich wirklich jedem empfehlen kann. Julia hat somit auch gleich eine 35m 6c+ geflasht. Bei mir wars sogar eine 7c+ „Riding on the storm“ im Onsight!
Hoch über dem Walensee kochten wir richtig auf und bestaunten den sich im Wasser spiegelnden, aufgehenden Vollmond.

Julia und Steffen

       Julia und Steffen

Am Folgetag regnete es, sodass wir zum trockenen Schliefi weiter fuhren. Es war so neblig, dass während meiner Onsightbegehung von „Via Güfi“ 7c eine Wolke zwischen mir in der Wand und Julia am Boden durchzog. Es war eine richtig coole Linie und ich bin stolz, sie gleich im ersten Versuch geschafft zu haben.
Nach ein paar Routen gings auch gleich weiter in Richtung Tiefencastel. Hier kletterten wir am nächsten, wieder sonnigen Tag. Eine Tour durch den Zentralbereich des steilen Überhangs hat es mir angetan. Im unteren Drittel galt es, einen harten Boulder zu packen und danach gings richtig ausdauernd und anspruchsvoll weiter mit richtig guten Zügen zum Top. Im dritten Versuch gelang mir diese 8a+ namens „Requiem“!

Der nächste Morgen brachte allerdings ein kleines Problem mit sich. Unser Auto sprang nicht mehr an! Doch ein netter Mann gab uns Starthilfe und so ging unsere Reise weiter in Richtung St. Moritz, dem bekannten Skiort. Dorthin führt der Weg über den sehr schönen Julierpass bis auf ca. 2200m Höhe. Im Morgenlicht strahlten die klaren Seen, grünen Hänge und fernen Gletscher wunderschön im Kontrast zu den schroffen Felsgipfeln. Es war eine ganz besondere Fahrt zum Silvaplana See, wo unser nächstes Klettergebiet „Polveriera“ lag. Anfangs hielten wir es nicht aus in der Sonne, aber nach einer langen Pause kamen wir dann am schattigen Nachmittag so richtig in Schwung! Ich holte eine Route nach der anderen ab. An diesem Tag alleine zwei 8as, eine 7c und zwei 7b+ im Onsight. Julia holte sich eine 6c+, die sie unbedingt klettern wollte! Durch die intensive Wahrnehmung, wie schön die Natur ist und durch meine starke Leistung wurde dieser Tag der Schönste unseres ganzen Urlaubs.
Nach einem Abendessen auf dem Malojapass gings durch die Nacht nach Bürs in Österreich. Neben der bekannten Bürser Platte gibt es hier haufenweise lange Konglomeratrouten in allen Wandneigungen. Da ragen schonmal Steine mit einem halben Meter Durchmesser aus der Wand. Das ist beeindruckend und ein guter Tritt zugleich! Hier konnte ich auch noch eine 7c im Onsight klettern. Bevor es zu regnen begann, kletterten wir noch eine schöne 6a als letzte Route für diese Reise. Auf der Heimfahrt schlossen wir unseren Urlaub mit einem leckeren Abendessen in einer Wirtschaft ab.
An jedem Tag hatte ich mindestens eine Route, nach der ich sagte: „Dafür kletter ich!“
Also war jeder einzelne Tag perfekt! 🙂

Am Julierpass

                        Am Julierpass